Impulse
2015

Schon die alten Griechen behaupteten, der Mensch sei das Wesen, das nicht einfach lebt, sondern sein Leben führt. Der Mensch könne sein Leben verfehlen, wenn er nicht an sich arbeite, oder in Sorge um seine Seele sei. Ein gelungenes Leben war, nach dem Meister Sokrates zufolge, ein geprüftes Leben, also eines, das bedacht und entsprechend überdacht werde. Nur ein solches Leben, das sich um den Erwerb von Tugenden, sowie um Vernunft und Weisheit bemühe, sei ein Leben, das Respekt verdiene, und dem wir Achtung zollen könnten. In der Rückschau sprach man vom stolzen Menschenbild der Antike.
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„Es sitzt ein Vogel auf dem Leim, er flattert sehr und kann nicht heim. Ein schwarzer Kater schleicht herzu, die Krallen scharf, die Augen gluh. Am Baum hinauf und immer höher kommt er dem armen Vogel näher. Der Vogel denkt: Weil das so ist und weil mich doch der Kater frisst, so will ich keine Zeit verlieren, will noch ein wenig quinquilieren und lustig pfeifen wie zuvor. Der Vogel scheint mir, hat Humor."
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Was finden Menschen schön oder erhaben? Es hängt vom Menschen ab, aber wahrscheinlich auch vom Zeitgeist, der vorgibt, was gerade als schön zu beurteilen ist. Sage mir, was du schön findest, und ich sage dir, wer du bist. Wenn diese Aussage stimmt, dann befinden wir uns in einer „Krise des Schönen“. So zumindest der Befund im neuesten Buch des philosophischen Querdenkers und Außenseiters Byung-Chul-Han. Der Schlusssatz seines Buches lautet:
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Was sind die grundsätzlichsten Fragen der Philosophie? Worauf kommt es im Leben eigentlich an? Wenn Philosophie ins Grundsätzliche getrieben wird, dann führt der Weg zur Religion. Zwei bedeutende Philosophen, Richard Rorty und Gianni Vattimo, halten Religion für das Grundsätzlichste. Beide wollen verstehen, was es mit der These, es gäbe eine Wiederkehr der Religionen, auf sich hat. Diese Wiederkehr versteht sich keineswegs von selbst, ist doch die moderne Gesellschaft in ihrer innersten Wesensart a-religiös. Dafür haben Aufklärung, Wissenschaft und Technik gesorgt. Wenn aber die Moderne glaubensanfällig wird, dann ergeben sich zwei Fragen? Was bedeutet das für das Selbstverständnis der Moderne, und, wie ist eine Wiederkehr der Religionen zu denken?
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Die abendländische Geschichte wurde als Weg „vom Mythos zum Logos“ beschrieben. Damit verbunden war die Hoffung, von den vielen Mythen, die für den Glauben standen, zu einem Logos zu kommen, der die wissende Aufklärung ausdrückte. Der Logos steht auch für eine Vernunft, die Fortschritt, Erkenntnis und Autonomie auf den Weg bringen, und die Natur beherrschen sollte. Die Philosophie hat kräftig an dieser Beförderung mitgewirkt.
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Die Auswirkungen einer Ichbezogenheit kann man heute in einer chaotisch verworrenen Weltlage sehen, in der sich alle gegen alle mit äußerster Macht und Brutalität bekämpfen. Man kann sie aber auch am Einzelkämpfertum sehen, an den hochindividualisierten Individuen, die ihr eigenes Leben und die Welt nur von ihrem eigenen Standpunkt aus betrachten.Unlängst war in der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“ folgendes zu lesen:
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Für Max Scheler, den Klassiker der philosophischen Anthropologie, besteht die Sonderstellung des Menschen in seiner Fähigkeit, Nein zur Wirklichkeit sagen zu können: „Mit dem Tiere verglichen, das immer Ja zum Wirklichen sagt – auch da noch, wo es verabscheut und flieht-, ist der Mensch der Neinsagenkönner, der Asket des Lebens, der ewige Protestant gegen alle bloße Wirklichkeit.“
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In der Moderne erfuhr die Arbeit eine sonderbare Aufwertung. Sonderbar deswegen, weil in früheren Zeiten die Arbeit immer verpönt war und die Freiheit erst jenseits der Arbeit einsetzte. In der Zeit der Reformation unter Luther wurde die Arbeit aufgewertet und die einstmals bevorzugte „vita contemplativa“ verworfen und von der „vita activa“ durchdrungen. Seitdem ist die Ruhe und Muße, die oft eine Zeit des Konsums und der Freizeit ist, die Zeit der Erholung um der Arbeit willen. Das Arbeitstier, der „animal laborans“, kennt nur noch die Pause von der Arbeit, aber keine kontemplative Ruhe mehr.
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Es hat sich als Irrtum herausgestellt, zu glauben, dass die Religionen auf dem Rückzug sind. Sie sind zurückgekehrt. Leider nicht nur in zivilisierter Frömmigkeit. Mit der Wiederkehr der Religionen sind viele fundamental auftretende religionskritische Schriften auf den Markt gekommen, die Religion als Gift bezeichnen. Man könnte annehmen, die Säkularisierung sei auf dem Rückzug, wie einstmals die Religionen, wenn man den missionarischen Eifer der neuen Atheisten beobachtet, mit dem sie die Religionen bekämpfen.
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Religion und Gewalt. Auf den ersten Blick ist nicht einzusehen, was Religion mit Gewalt zu tun haben sollte. Ist Religion nicht das einzige Mittel, das dem Menschen gegeben wurde, um Gewalt einzudämmen? Diese Aufgabe konnte und kann Religion nur erfüllen, wenn sie ihrerseits auf jede Art von Gewalt verzichtet, und ihre humanisierende, versöhnende, verzeihende und barmherzige Kraft ausübt. So positiv der Beitrag von Religionen zu einem friedlichen Zusammenleben ist, Gewalt ist stets von ihnen ausgegangen. Immer gab und gibt es Gotteskrieger, die im Namen Gottes des Barmherzigen unbarmherzig vorgingen und vorgehen. Aber sind Religionen inhärent gewalttätig, ist in ihnen auch der Ursprung von Gewalt zu sehen?
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Alles scheint heute in der Krise zu sein: Die Wirtschaft, die ihre Fortschrittshoffnung nicht mehr erfüllen kann. Die Politik, die sich einer verwirrten und chaotischen Welt gegenübersieht. Das Finanzsystem, das sich nur noch um sich selber dreht. Die Beziehungen, in denen sich sowohl Frauen als auch Männer immer öfter in einer „unheimlichen Unabhängigkeit“ gefangen sehen. Der einzelne Mensch, der sich, total befreit, der Parole der Selbstoptimierung unterworfen hat, zugleich aber verloren und überfordert fühlt. Noch einmal der einzelne Mensch, der sein Leben als Geschenk an sich selbst betrachtet, mit dem er dann konsequenterweise nach Belieben verfährt, und sich aus allen unhintergehbaren Bindungen, wie Erbgut, Familie, Geschlecht, herauslöst.
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Seit über 3,5 Jahren gibt es nun die Philosophische Praxis „Verrückt nach Sokrates“. Das und der Jahreswechsel fordert mich heraus, wieder einmal innezuhalten, und darüber nachzudenken, was die Philosophische Praxis eigentlich ist. Sie ist für mich ein Ort der Besinnung, wo in Ruhe und entsprechender Ausführlichkeit über Lebensthemen und Lebensfragen nachgedacht und diskutiert werden kann.
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