Die Romantik Epoche und geistige Haltung

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Romantik. Die radikalste Bewegung des deutschen Geistes: Kant, Fichte, Hegel, Schelling, Schleiermacher in der Philosophie. Schlegel, Hölderlin, Novalis, Goethe, Schiller, Tieck, Eichendorff, E.T.A. Hoffmann, Heine in der Literatur. Wer kennt nicht diese Namen. Doch was wollten die Romantiker?

Der Beginn der Romantik als Epoche ist umstritten. Rüdiger Safranski datiert in seinem Buch „Romantik – Eine deutsche Affäre“ den Beginn mit Herders Schiffsreise im Jahre 1769. Herder, seinen beengenden Lebensverhältnissen überdrüssig, hatte kein bestimmtes Reiseziel, aber gerade diese Ungewissheit beflügelte ihn zu Ideen, die später die Frühromantiker aufgriffen.

Man könnte aber auch Rousseau als Ausgangspunkt nehmen, der gegen die Zivilisation revoltierte, Skepsis gegen Wissenschaft hatte, und sich ins eigene Ich versenkte. Einem anderen Vorschlag folgend nahm die Romantik ihren Beginn in England, das damals fortschrittlichste Land, aber auch das Land der größten Verelendung durch den industriellen Aufbruch. Dort hätte die Romantik den bevorzugten Boden ihrer Kritik gefunden.

Wie auch immer man es sehen will. Tatsache ist, das sich die Romantik, nach anfänglicher Begeisterung, von der französischen Revolution abwandte und ihre Lehren daraus zogen: Georg Forster schrieb 1793 aus Paris:

„Die Tyrannei der Vernunft, vielleicht die eisernste von allen, steht der Welt noch bevor…“

Die Vernunft, mit ihrer tyrannischen Neigung, tabula rasa machen zu wollen erkannten die Romantiker als unheilvoll. Eine tyrannische Vernunft ist eine unhistorische Vernunft, die sich anmaßt, alles neu und besser zu machen, und die sich weiters anmaßt, ein wahres Menschenbild zu entwerfen. Die Romantik greift stattdessen auf Traditionen zurück, an der sich die Vernunft zu messen hat.

Die Romantik als Epoche ist seit der Mitte des 19. Jahrhundert Vergangenheit. Gegenwärtig ist das Romantische jedoch im Aufzeigen des Unhistorischen der Gegenwart. Als Beispiel mag eine Wirtschaft dienen, die sich nicht als geworden sieht, sondern als alternativenlose Gegebenheit.

Die Romantik versteht man nicht nur in ihrer Reaktion auf die Politik, sondern auch auf die Aufklärung. Die Romantiker zeigten die Grenzen und Nachtseiten der Aufklärung auf, traten gegen ihre kalte Nüchternheit auf, und plädierten stattdessen für die Anerkennung des Rätselhaften, Wunderbaren und Faszinierenden.

Die beste Definition des Romantischen ist immer noch die von Novalis:

 „Die Welt muss romantisiert werden. Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehn, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe, so romantisiere ich es.“

In dieser Formulierung merkt man die Beziehung der Romantik zur Religion. In der Tat wollte die Romantik einer entzauberten Welt eine ästhetische Religion entgegensetzen. Sie spürten, dass der eigentliche Ernstfall die Religion ist, und dass man nur mit Poesie und Literatur nicht weiterkommt.

Der Kerngedanke in Novalis Essay „Die Christenheit oder Europa“ lautet daher:

 „Wo keine Götter sind, walten Gespenster.“

Die Romantiker äußerten lange vor Max Weber ihr Unbehagen an einer entzauberten Welt. Für sie war der Normalmensch jemand, der das Geheimnisvolle und Wunderbare auf ein erklärbares Etwas herunterholt, der kein Staunen und keine Bewunderung für die Natur mehr aufbringt, der alles, was er tut um des irdischen Lebens willen tut, der keinen Sinn für die Selbsttranszendenz hat. Einer Verzauberung der Welt muss aber eine Verzauberung des Menschen vorausgehen.

Den Romantikern ging es um die Ausbildung eines höheren Bewusstseins, einer höheren Verfasstheit. Es ging ihnen darum, ausgefahrene Denkformen zu verlassen, Grenzen zu überschreiten. Andere Bewusstseinsstrukturen sollen gebildet werden, aus neuen Denkformen sollen neue Lebensformen hervorgehen.

Der moderne Mensch erlebt sich zutiefst getrennt von der Welt. Die romantische Geisteshaltung versucht diese Trennung zu überwinden. Natur und Geist sollen vereinigt werden.

Letztendlich zielen die Romantiker auf Selbstveränderung durch eine höhere Erkenntnis. Eine Verwandlung ist durchzumachen: Vom kleinen, egoistischen Ich, zum umfassenden großen Ich.

Philosophie ist für sie dabei der bewusst durchgeführte Erweckungsvorgang des höheren Ich. Der Mensch soll letztendlich über sich selbst erhoben werden. Das Romantische ist gegenwärtiger und nötiger denn je.

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