An­nä­he­rung an ein großes Thema: Der Tod

Impuls

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In der Philosophie gibt es eine lange Tradition, einen Umgang mit dem Tod zu finden. Schon Cicero schrieb: „Philosophieren heißt sterben lernen.“ Das beständig an den Tod denken sollte helfen, leben zu lernen und, wenn es soweit war, ohne Angst das Leben loszulassen. Von einem solchen heroischen Umgang mit dem Tod zeugte das Leben und Sterben des Sokrates, aber auch die Haltung der Stoiker: „Übe dich täglich darin, mit Gleichmut das Leben verlassen zu können.“

„Es muss jeder ganz von neuem sich mit dem Tod auseinandersetzen. Es gibt hier keine Regelung, die man übernehmen könnte“ 

Elias Canetti

Canetti starb vor 20 Jahren. Von 1942-1994 setzte er sich in  seinen Aufzeichnungen „Das Buch gegen den Tod“ auf seine Art und Weise mit dem Tod auseinander. Er plädiert dafür, dass wir uns über das Unfassbare und Monströse nicht verlogen hinwegtrösten. Canetti will sich nicht arrangieren mit dem „größten Skandalon der Existenz“, will keinen faulen Frieden mit ihm schließen. In einer Eintragung heißt es:

„Unser Krebsgeschwür ist der Tod, er steckt alles mit sich an. Das Einschneidende des Todes, während jedes Lebens, er ist immer und überall möglich. Man rechnet mit ihm, selbst wenn man ihn nicht erwartet.  Das Erstaunlich ist, dass man trotzdem so lebt, als hätte man nichts mit ihm zu schaffen. Diese Doppelgleisigkeit: dass man ihm überall sieht und trotzdem von sich abhält, dass man die Todeswürdigkeit aller erkennt, die eigene aber leugnet (denn man baut Häuser, macht Pläne, geht Versicherungen ein), diese Doppelgleisigkeit ist eine Art Grundfalschheit des Daseins.“

In der Philosophie gibt es eine lange Tradition, einen Umgang mit dem Tod zu finden. Schon Cicero schrieb: „Philosophieren heißt sterben lernen.“ Das beständig an den Tod denken sollte helfen, leben zu lernen und, wenn es soweit war, ohne Angst das Leben loszulassen. Von einem solchen heroischen Umgang mit dem Tod zeugte das Leben und Sterben des Sokrates, aber auch die Haltung der Stoiker: „Übe dich täglich darin, mit Gleichmut das Leben verlassen zu können.“

Nietzsche machte „Der Gedanke an den Tod“ ein „melancholisches Glück“. Er wundert sich, dass diese Gemeinsamkeit „fast gar nichts über die Menschen vermag, und das sie am Weitesten davon entfernt sind, sich als die Brüderschaft des Todes zu fühlen.“ Für Kierkegaard ist „Der Tod der Lehrmeister des Lebens.“ Das Leben kann, wenn man sich vorstellt, dass man bald sterben wird, einen tiefen Ernst gewinnen. Doch gibt es die Erfahrung des Todes?“ In meiner Zeit der Sterbebegleitung habe ich erlebt, dass man zu seinem eigenen Sterbenmüssen hingerissen werden kann. Das kann unsere Existenz verändern, ja erschüttern. Eine Ahnung einer geheimnisvollen Überschreitung unserer Existenz kann sich einstellen. Mitsterben mit anderen wäre dann eine Erfahrung des Todes, als wäre es der eigene. Dann ist eine Erfahrung von „ich sterbe“ gegenüber dem rein gewussten „man stirbt“ (Heidegger) möglich. Schopenhauer, der es sich nicht leicht gemacht hat  mit Tröstungen, findet dennoch eine Heiterkeit gegenüber dem Tod: „Er erlöst uns von uns selbst.“ Sein Grab trägt die Inschrift: „Glück ist nicht nur leben können, sondern auch sterben dürfen.“

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