Was ist Phi­lo­so­phi­sche Praxis?

Impuls

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Seit über 3,5 Jahren gibt es nun die Philosophische Praxis „Verrückt nach Sokrates“. Das und der Jahreswechsel fordert mich heraus, wieder einmal innezuhalten, und darüber nachzudenken, was die Philosophische Praxis eigentlich ist. Sie ist für mich ein Ort der Besinnung, wo in Ruhe und entsprechender Ausführlichkeit über Lebensthemen und Lebensfragen nachgedacht und diskutiert werden kann.

Frei von Interessen und Nutzenabwägungen, in zweckfreier, sich gegenseitig geistig bereichernder Atmosphäre. Sie hat den Anspruch, den einzelnen Menschen und die Zeit, in der wir leben, besser zu verstehen. Dafür ist unzeitgemäßes Denken, das Abgehen von Routinen, das Einnehmen von ungewöhnlichen Perspektiven und die Abkehr von der Orientierung an das Geltende, notwendig. In der Philosophischen Praxis geht es immer wieder um die Frage, worauf es im Leben eigentlich ankommt. Um einer Antwort auf die Spur zu kommen, wird die gesamte Geistes – und Kulturgeschichte so gut wie möglich mitbedacht, damit die Enge einer nur postmodernen Betrachtung des Lebens überwunden werden kann. Was kann es beispielsweise heißen, ein gelungenes Leben zu führen, auch und gerade dann, wenn Leid, Krankheit, private und berufliche Probleme das Leben zur Qual werden lassen? Philosophische Praxis ist Arbeit am Sinn und Unsinn der Traditionen, bedenkt die Konsequenzen eines sich als voraussetzungslos setzenden Lebens, das sich von allem befreit fühlt. Das was alle oder Viele denken, hier soll es zum Problem gemacht werden. In einer Gesprächskultur, die weitab von den Talk-Shows liegt. In den Gesprächen wird der jeweils andere Ernst genommen, als das was er ist. Allen Theorien, Typisierungen und Schemata über den Menschen wird eine Absage erteilt. Jede und Jeder soll in seiner Einzigartigkeit verstanden werden. Dazu ist Einlassen auf den anderen nötig. Nicht verändert soll der Mensch wie ein formbares Werkstück, sondern der jeweiligen Sonderbarkeit Respekt erwiesen werden.

Die selbst gelegte Latte liegt hoch für die Philosophische Praxis: Einen Menschen verstehen und ihn über sich selbst aufklären. Veränderte Einsichten und Perspektiven auftun, die Not tun. Meinungen, Haltungen und Überzeugungen überprüfen, zur Versöhnung, zum Entschluss, zu einem Neuanfang kommen, die Welt anders sehen, eine andere Haltung zu sich selbst, den anderen und zur Welt gewinnen. Oft kann ein Problem nicht gelöst, sondern nur bewahrt werden. Das kann man nicht als Experte, sondern nur als Mensch mit einem denkenden Herzen. Die Philosophische Praxis versucht aus diesem denkenden Herzen heraus zu agieren.

Was fehlt den heutigen Menschen eigentlich?  Ist es nicht gerade Klugheit und Weisheit, genau das, was der moderne Mensch abgeschafft zu haben scheint. Vor allem die Weisheit. Eines der vergessenen Potentiale des Menschen, an das die Philosophische Praxis erinnern möchte.

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