Freiherr von Knigge Prak­ti­scher Philosoph, Aufklärer und Men­schen­ken­ner

Impuls

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Der wahre Freiherr von Knigge ist gerade nicht der „Benimm-Knigge“, wofür er den Meisten gilt. Vielmehr verweigert er ausdrücklich, wofür er doch später berühmt werden sollte. Warum er sein Buch „Über den Umgang mit Menschen“ geschrieben habe, beantwortet er so:

Er habe, sagt er, „die erfahrensten, geschicktesten Menschen bei alltäglichsten Vorfällen unzweckmäßige Mittel wählen sehen“, sodass sie „trotz allem Übergewicht ihrer Vernunft“ gesellschaftlich gescheitert seien, während man erleben müsse, dass „Schwächlinge und Unmündige an Geist Dinge durchsetzen, die der Weise kaum zu wünschen wagen“ dürfe.

Was jenen Gescheiterten fehle, nennt er „Die Kunst des Umgangs mit Menschen.“ Davon handelt das Buch, wie der Titel schon sagt. Einige Lesefrüchte seien an dieser Stelle erwähnt:

„Vor allen Dingen bessere und bemoralisiere die Menschen nicht, rate ihnen nicht ohne entschiedenen Beruf dazu. Die wenigsten wissen Dir Dank dafür, und selbst, wenn sie uns um Rat fragen, sind sie gewöhnlich schon entschlossen zu tun, was ihnen gefällt.“

Knigge ist ein aufgeklärter Geist, ja er erweist sich in dem genannten Buch als anständiger Aufklärer, der lehrt, auf seine Mitmenschen Rücksicht zu nehmen, vor allem auf die Schwächen der Menschen.

„Suche keinen Menschen, auch den Schwächsten nicht, in Gesellschaft lächerlich zu machen.“

Dazu passt durchaus erwähnenswert als Haltung eines frühen Aufklärers die Zurückweisung der Neigung, sich über die Frömmigkeit anderer zu mokieren:

„Man respektiere das, was andern ehrwürdig ist. Man lasse jedem die Freiheit in Meinungen, die wir selbst verlangen. Man vergesse nicht, dass das, was wir Aufklärung nennen, andern vielleicht Verfinsterung scheint. Man schone die Vorurteile, die andern Ruhe gewähren.“

Ist dies nicht gerade der Ernst und Pathos der Aufklärung, dass sie die Menschen als Menschen achtete, sie für fähig und berufen hielt, für ihr eigenes Leben selbst geradezustehen?

Sodann ein Grundsatz, der nachdenkenswert ist:

„Willst Du aber im Umgang mit Dir Trost, Glück und Ruhe finden, so musst Du ebenso vorsichtig, redlich, fein und gerecht mit Dir selbst umgehn als mit andern, also dass Du Dich weder durch Misshandlung erbitterst und niederdrückest, noch durch Vernachlässigung zurücksetzest, noch durch Schmeichelei verderbest.“

Der philosophische Praktiker weiß, wie schätzenswert dieser Gedanke ist, schon dadurch, dass er wohl nicht zu den alltäglichen Weisheiten gehört.

Mancher hat Knigge Seichtigkeit und Trivialität vorgeworfen, aber er ist kein seichter Autor, weil man es bei ihm vielmehr mit einer heute kaum mehr anzutreffenden Courage zu tun bekommt, die sich getraut, die Menschen unmittelbar zu kritisieren.

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