Modernes Denken oder: Porträt des weithin herr­schen­den Geistes

Impuls

2 min lesen

Wie kann man unser modernes Denken beschreiben? Wieso versteht eine Gesellschaft, die mehr Wissen, Daten und Erklärungsmodelle als je zuvor hat, sich selbst und die Welt immer weniger? Das moderne Denken hat eine Zeitstelle in ihren Erklärungen eingebaut. Demnach hat sich „alles was ist“ entwickelt, aus sich selbst heraus, aus eigener Logik. Das Wesen der Dinge interessiert nicht mehr. Was sich zeigt, wird erklärt, mit entsprechenden Zahlen und Vergleichen. Allein die Tatsachen entscheiden. Die Frage nach dem „Wozu“ und dem Wesen ist entschwunden in einer Welt, die nur noch beschrieben wird, wie sie ist. Was fehlt, wäre die Frage, sollen wir das wollen? Ein Denken wäre notwendig, das über die Wirklichkeiten hinausgeht.

Die Beschreibung der Welt mit Fakten und Daten (die sogenannte Wirklichkeit) geht  einher mit einer Verknüpfung der Funktion. Alles wird interpretiert in Hinblick auf seine Funktion. Die Frage lautet: Was ist die Funktion der Liebe, der Religion, der Moral, der Kunst? Was leistet eigentlich die Moral? Aber mit dieser oberflächlichen Frage entgeht uns die Bedeutung und alles wird austauschbar. Alles wird unter dem Aspekt menschlicher Interessen betrachtet. Aber was eigentlich sein soll, eine solche Frage geht dabei unter. Modernes Denken denkt also vom Wirklichen, Nützlichen, von der Leistung und von der Brauchbarkeit her. Modernes Denken akzeptiert keine normativen Grundlagen, alles kann hinterfragt und in Frage gestellt werden. Wenn aber alle Grundlagen zerredet werden, muss die Frage erlaubt sein, ob die Gesellschaft nicht auf normative Grundlagen angewiesen ist, die sie selbst nicht schaffen kann. Für modernes Denken ist alles Kommunikation. Luhmann: „Was wir über die Welt wissen, wissen wir über die Massenmedien.“ Kommunikation hat sich über den Sinn erhoben. Medien erzeugen Konstruktionen der Welt. Man bildet sich ein, zu verstehen, weil man die Konstruktion versteht. Modernes Denken ist somit technisches Denken. Es wird erklärt, wie Liebe, Gesundheit, Religion etc. funktioniert. Nietzsche nannte ein Denken, das nichts mehr kennt als Wirklichkeiten (das ist halt so) und diese mit eigenen Interessen kombiniert, Zynismus. Wer sich hingegen modernem Denken nicht unterwirft, gilt als ewiggestriger Bedenkenträger.

Aber trifft das reine Erklären der Wirklichkeit, die nur entsprechend aktuell  kommuniziert werden muss, die Sache? Für modernes Denken ist das egal, Hauptsache die Menschen glauben daran und es hat Erfolg. So genügt es ökonomischem Denken, wenn ein Produkt gekauft, nicht ob es auch gebraucht wird.              

Modernes Denken wie hier geschildert, gilt als unausweichliches Naturereignis: Entweder man macht mit, oder man geht unter. Die Wirklichkeit darf nicht mehr zum Problem erklärt werden. Aber alle Mächte bedürfen der Akzeptanz und der Legitimation. Was ist die Legitimation des modernen Denkens? Der Erfolg, der Zwang der Verhältnisse, die Wirklichkeit des Faktischen? Die simple Frage müsste lauten: Ist dieses Denken gut? Berücksichtigt es das, was dem Menschen von jeher heilig und wichtig war? Sollen wir es weiter wollen? Wohin führt es uns?

Your browser is out of date!

Update your browser to view this website correctly. Update my browser now