Religiös radikale Denker
Impuls
Sie waren zum Teil einsame und abgründige Gestalten. Genies waren sie alle, sowie Beunruhiger und Tröster gleichzeitig. Alle mit einem unvergleichlichen Reichtum an Gedanken gesegnet. Sie führten ihr Leben mit außerordentlicher Wachheit, Aufmerksamkeit und Bewusstheit. Wer sich ihnen aussetzt, der wird nicht nur in Nachdenklichkeit verstrickt, ein weiter bloß so Dahinleben wird erschwert oder heilsam vereitelt. Wir sprechen von Augustinus, Meister Eckhart, Nikolaus von Kues, Martin Luther, Pascal und Kierkegaard. Sie alle verbindet ihre Radikalität. Sie kommen alle in Umbruchszeiten. Umbruchszeiten begünstigen Radikale. Für sie gab es keine Halbheiten. Sie setzten alles auf eine Karte, sie spitzten zu, sie taten das Eine, das Not tat. Neues Denken hat dann eine Chance, zum Durchbruch zu kommen. Alle diese religiös radikalen Denker suchten eine lebendige Beziehung zu Gott, ließen sich persönlich ansprechen, und hatten Bekehrungs- oder Erweckungserlebnisse, die sie aus der Normalität mit einem Schlag herausriss. Ihre radikale Religiosität befähigte sie, es sich als Fremdling und Gast in dieser Welt einzurichten. Ihre Weltsicht machte sie zeitgeistresistent. Ihr Zeitalter betrachteten sie mit der notwendigen Distanz.
Alle von ihnen waren existentielle Denker, keine Theoretiker, sondern sie erlebten mit ihrer Wandlung eine Umstellung des Blickes an sich selbst.
Die Frage, wer bin ich denn eigentlich, ließ sie nicht los. Sie wollten das Religiöse philosophisch verstehen. Ihre Werke sind nicht von ihrer Person und ihrem Leben zu trennen. Sie waren Figuren voller enormer Widersprüche. All das ist typisch für Radikale. Sie traten als Gottsuchende für eine Vernunft ein, die Menschen wach und lebendig macht. Vernunft wurde als Erkenntnisorgan der Wahrheit gesehen, das Denken und Handeln eines Menschen in Bewegung setzen kann. Das macht sie interessant für die Philosophische Praxis, die auch an der Verlebendigung ihrer Besucher interessiert ist. Sie waren Philosophische Praktiker, Theologen, Seelsorger und Mystiker. Menschen, die eine lebendige Beziehung zu Gott suchen, sind in Europa selten geworden, weil die meisten für Gott keine „Antenne“ mehr haben. Das war für die religiös radikalen Denker noch anders. Für sie hatte Gott noch eine existentielle Bedeutung für ihr Leben. Sie geißelten die „Geistlosigkeit“ der Menschen, die ihrer Zeit verfallen waren. Dem stellten sie die Größe und Würde des Menschen entgegen und plädierten für den „aufrechten Gang.“ Sie dachten groß vom Menschen. Bei all seiner „Gefallenheit“ betonten sie doch die Möglichkeit seiner Veredelung. Damit schlossen sie an die antiken Philosophen an. Das wahre Menschsein lag für sie nur in einem „innengeleiteten“ Leben.
Die großen Wegbereiter des Neuen waren immer rückbezüglich unterwegs, weil in ihren Köpfen das Gedankengut aus älteren Zeiten als Sprungbrett für kühnes Ideengut diente. Wer sich dem Neuen verschreibt, benötigt die Würde des Alten, um sich mit gehöriger Autorität zu wappnen. Diese Fähigkeit, sich am Hergebrachten zu orientieren, um daraus eine Schneise für das Neue zu schlagen, trifft auf die religiös radikalen Denker voll und ganz zu.
Wer sich von dem unvergleichlichen Reichtum an Gedanken dieser sechs bekennenden Geistesriesen anregen lassen und erleben will, wie lebendig diese radikalen Denker heute noch sind, ist herzlich eingeladen, vom 24.10 – 28.10. mitzukommen ins Kloster Wernberg/Kärnten. Alles Nähere dazu im Programm.