Goethe Der große Un­zeit­ge­mä­ße, Dichter und Denker, Kritiker der Moderne, wahr­haf­ter Men­schen­ken­ner und Na­tur­for­scher

Impuls

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Ich wage mich an einen der Größten. Nicht nur Goethes Werk steht schließlich ohne Beispiel da, auch sein Leben selbst: „Während er weiterhin unvergessliche Gedichte, Dramen und Romane schrieb und sich am „Faust“ abarbeitete, wurde er sich immer mehr bewusst, dass sein eigentliches Werk vielleicht doch das Leben selbst ist, dem er im Sturm der Geschichte eine unverwechselbare Gestalt geben wollte.“ (Rüdiger Safranski).

„Sich in seiner Beschränktheit gefallen ist

ein elender Zustand; in Gegenwart des

Besten seine Beschränktheit fühlen ist

freilich ängstlich, aber diese Angst erhebt.“

 

Maximen und Reflexionen

Goethes Leben ist ein Beispiel für Lebenskönnerschaft. Dass ein solches Leben möglich war zeigt uns, wer wir sein könnten, nicht, wer wir sind. Seine Fremdheit ermöglicht uns, Abstand von uns selbst zu gewinnen, seine Widersprüchlichkeit und Unzeitgemäßheit kann uns Vorbild sein, denn trotz seiner Widersprüche bewahrte er sich seine Identität. Das könnte als Weisheit bezeichnet werden. Heine nannte ihn „das große Zeitablehnungsgenie.“ Was ist das Irritierende an Goethe? Er richtete sich gegen die demokratischen Tendenzen seiner Zeit, gegen die Verrücktheiten der Masse, er war unfähig sich einzugliedern, er erfüllte nicht die bürgerlichen Erwartungen. Goethe war immer mehrdeutig und auf nichts festzulegen. Er war Dichter, Schriftsteller, Minister, Wissenschaftler. In keine Rubrik ließ er sich einsperren. 

Auch seine Werke geben viel Stoff für philosophische und lebenspraktische Betrachtungen: Der unglaubliche Skandal und Erfolg eines „Werther“, der uns die restlose Entzweiung eines jungen Menschen mit der Welt vorführt. 

„Wilhelm Meisters Lehrjahre“, in dem die Geschichte eines jungen Mannes geschildert wird, der auf dem Lebensweg zur Lebensmeisterschaft kommt. 

„Die Wahlverwandtschaften“, die von der Rechthaberei der Liebe, der Pathologie der Verliebtheit, von Ehebruch und unkonventioneller Partnerschaft handeln. 

Das Drama „Faust“ zeigt Ungeduld und Übereilung als das Unglück, und das „Veloziferische“ als eigentlicher Grund für den Zusammenbruch unseres Geldsystems, sowie der westlichen Zivilisation überhaupt, auf. 

Die „Gespräche mit Eckermann“ machen deutlich, dass dieser Unglaubliche auch ein Meister des Lebens war. Er besticht darin an seinem Lebensende als philosophischer Praktiker mit Lebensklugheit und Weisheit. 

Es wird auch Zeit sein müssen für Goethe als Naturforscher. Denn Goethe war überzeugt: Je besser wir die Natur verstehen lernen, desto besser lernen wir uns auch selbst kennen, denn wir sind selbst Natur. Am Ende seines Lebens wurde er zum Kritiker von Naturzerstörung. Wahrscheinlich ginge er heute auf die Barrikaden. Seine Gedanken zu einer vergewaltigten und missachteten Natur, die für uns verstummt ist, weil wir sie auf die Folterbank gelegt haben, sind hochaktuell. An den Abenden wird Gelegenheit sein, uns die besten Gedichte von Goethe zu Gemüte zu führen. Zum Beispiel dieses:

Über allen Gipfeln Ist Ruh,

In allen Wipfeln

Spürest du

Kaum einen Hauch;

Die Vögelein schweigen im Walde.

Warte nur, balde

Ruhest du auch.

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